Ragazzi
, 2003 12: AM
Die litauischen Progressive Rocker Holy Lamb hatten 1992 das Demo "Love to Eat" und 1996 ihr erstes Album "Bite in the Dust" eingespielt, die beide heute noch direkt über die Band zu beziehen sind. 1999 folgte ein sehr schönes symphonisches Album bei dem italienischen Label Mellow Records. "Beneath The Skin", ihr neuestes Werk, ist nun beim ungarischen Label Periferic Records untergekommen. Das Konzept basiert auf einer, wie die Band auf ihrer Website meint, "very true tale" von Ieva Dmitricenko, einer unkonventionellen Geschichte über Musik, die mit "A transgressive rock tale" untertitelt ist. Stilistisch stecken Holy Lamb ein weites Feld ab, doch die Basis ist progressiver Symphonik Rock. Die vielen stilistischen Extras bringen eine witzige und erfrischende Wirkung mit sich. Neben Honky Tonk, Hardrock, akustischem Folk und avantgardistischen Sprengseln gibt es Punkansätzen, die schon mal an Madness oder besser noch, die Cardiacs erinnern, Jazzexkursionen, die das instrumentale Geschehen ungemein würzen, ohne schräge oder anstrengende Notationen zu durchlaufen und zappaeske Anklänge mit Humor und (leider kurzen) ausgeflippten Passagen. Überhaupt sind Holy Lamb außergewöhnlich, sie quälen sich nicht von Senftopf zu Senftopf, sondern gehen forsch und zügig voran. Die Kompositionen sind nicht nur beeindruckend gelungen, sie sind auch eigenständig. Die Arrangements können sich hören lassen, der Klang ist lebendig. Abgesehen vom leicht schwächelnden, etwas rauen Mix ist "Beneath The Skin" eine angenehme Überraschung. Trotz der vielfältigen Stileinflüsse sind die 11 Stücke der CD eine homogene Einheit, ein logisch sich entwickelndes Werk, das Song um Song mit einer Unzahl an Ideen für Verblüffung sorgt. Das progressive Spektrum reicht vom guten alten Stoff bis zum NeoProg, geht über symphonische Sanftheiten und komplexes Brachialgut, metallische Liedhaftigkeit und folkloristischen Bombast. Trotz der Bandbreite wirkt nichts gestückelt oder gekünstelt, sondern künstlerisch zu hinreißendem Werk verknüpft. Holy Lamb kommen aus Litauen, einem eher armen Land. Da wird es nicht so einfach sein, das notwendige Equipement zusammen zu bekommen, ein Studio zu bezahlen, sich überhaupt auf Musik zu konzentrieren, die anspruchsvoll und kompliziert ist. Wenn dann, wie im Falle von "Beneath The Skin", das Resultat sehr gut gelungen ist, kann man nur den Hut ziehen. Doch unabhängig davon, wie vielfältig die Schwierigkeiten sind, Holy Lamb brauchen keinen Exotenbonus. Die Qualität, die sie beweisen, spricht durch die Musik allein. Schönes Teil.
Volkmar Mantei
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