Progressive Newsletter
, 2003 12: AM
Es ist doch immer wieder schön, dass Musik eine länder- und kontinentumspannende Sache ist. So hat man immer wieder die Chance fremde Sprachen oder Einflüsse anderer Kulturen zu hören. Fast so schön wie ein wirklicher Urlaub. Aber bevor ich wieder völlig ins Schwelgen komme, zurück zu handfesteren Tatsachen. Mit "Exit" liegt das mittlerweile dritte Studioalbum der ungarischen Formation You And I vor. Vieles ist geblieben wie bei den beiden Vorgängern, dennoch ist "Exit" das sicherlich bisher ausgereiftetste Werk der Magyaren. Wie eh und je trällert Sängerin Fanni in den höchsten Tönen. Sie bleibt zumeist in der richtigen Tonlage, doch sicherlich ist ihr engelsgleicher Gesang nicht nach jedermanns Gusto. Immerhin versucht sie sich nicht in englisch, sondern bleibt bei der sanften, dennoch für deutsche Ohren etwas ungewohnten Muttersprache. Doch im Gegensatz zu anderen osteuropäischen Sprachen ist ungarisch weniger hart, passt somit recht gut, zur sinfonischen-melodischen Gangart der Band. Zwar muss auch "Exit" mit dem Manko leben, dass You And I zwar wirklich gefällig und gut aufeinander abgestimmt, zudem spieltechnisch sehr ausgereift agieren, doch fehlt den Ideen an einigen Stellen der letzte Biss. Doch bei genauem Hinhören stellt man unweigerlich fest: in diesem Album steckt mehr, gerade die weitausladenden instrumentalen Teile, werden jeden Freund der neo-progressiven Klänge ansprechen. Und auch bestätigt sich auf diesem Album das schöne Vorurteil, dass Longtracks meist die besseren Titel eines Album sind. Logischerweise ist bei diesem Longplayer das über zwölfminütige "Halálistenségek" auch der Monstertrack. Verschiedene Stimmungen und sinfonische Dramatik wurden gelungen in epische Breite, doch ohne Längen vereint. Vielen osteuropäischen Produktionen merkt man einfach die Verbundenheit zur Klassik und das Können der meist studierten Musiker an. Wer mit den oben beschriebenen, leichten Einschränkungen leben kann, der bekommt hier wirklich handwerklich und inhaltlich sorgsam gestaltete Musik in bester neo-progressiver Tradition. Im Osten geht die Sonne auf!
Kristian Selm
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