Ragazzi
2004 december . :
Cover und Albumtitel sind mindestens seltsam komisch, wenn nicht voll daneben. Aber beides bringt die Haltung der Band zum Ausdruck. Und wenn man weiß, wofür die Ungarn stehen, erkennt man schnell die Tendenz zur Avantgarde - und liegt damit richtig. Kada ist musikalisch nicht unbedingt vielseitig, aber doch immerhin in zwei Richtungen orientiert. Zum einen ist das atmosphärischer Space Jazz, wie ihn Miles Davis in einer seiner letzten Etappen gespielt hat; zum anderen die Mixtur aus Stille und Lärm, die King Crimsons neuzeitliche Inkarnation gebiert. Kada sind die ungarische Antwort auf diese beiden scheinbar grundverschiedenen und seltsam verwandten Stile. Die Songs klingen, als würde die Band sie aus dem Urschleim des Kosmos ziehen. Nach und nach entwickelt sich Struktur, bricht auf, wird selbständig, explodiert laut und heftig, um danach zu zerfallen und zum Schluss über 2 Minuten fast nur Stille zu produzieren. Und das auf höchst interessante, unterhaltsame und geniale Weise. Ihre Jazz-Illustrationen haben genau wie die gitarrenlastigen Rockstücke immer, auch im größten, lautesten, kreischendsten Lärm die Form und Lyrik ambienter Musik. Als schlügen berstender Krach und lyrische Stille stets extrem in ihre jeweiligen Untiefen aus. Die drei Bläser machen vor radikalen Free-Attacken nicht Halt und sind doch immer, trotz aller Disharmonie irgendwie so etwas wie der Hort und Ausdruck großer Harmonie.
Die CD hat nicht nur über 50 Minuten Musik, sondern auch einen ausführlichen PC-Track drauf, der als Webseite aufgebaut viele Informationen um die Band bereit hält und unter anderem 2 Videos parat hat. Diese beiden Videos zeigen beide Orientierungen der Band sehr anschaulich, so sehr gar, dass ich meine, zwei unterschiedliche Bands zu sehen. Zum einen sind die Tracks auf verschiedenen Bühnen aufgezeichnet worden, zum anderen sind bei dem einen Track keine Bläser dabei und die Musiker sehen plötzlich ganz anders aus (bis auf den Gitarristen).
Vor allem die Gitarrenarbeit von László Válik (mit gewisser technischer Nähe zu Robert Fripp und David Torn) ist ausgezeichnet, gut im Video zu sehen und auf der ganzen CD zu hören. Schon erstaunlich, wie er die Töne und Entwicklungen bestimmt und die Band in seinen Bann zieht. Und wenn man der Musik einen Namen, einen Stil verpassen möchte, dann wird wohl so etwas wie Ambient-Heavy-Prog-Psych-Space-Rock dabei herauskommen. Kurz, vergesst den Stil und genießt die Musik!! Fabelhaftes Album, unbedingte Empfehlung!
Volkmar Mantei
|