Ragazzi
, 2002 12: AM
"Another Blues World" ist ziemlich untertrieben. Auf dem Album der ungaischen Tóth Bagi Band klingt wenig nach einem ganz normalen Blues Album. Zwar sind viele typische Blues-Momente vertreten. Doch dazu gesellen sich eine deftige Prise grooviger Funk-Figuren, federleichtes, fast schon dance-mäßiges Rhythmus-Arrangement und gleich zu Beginn ein symphonisch-schweres Motiv. Dennoch ist "Another Blues Band" insofern ein ganz normales Blues-Album, als die Kompositionen Blues sind. Die modernen Arrangements von erstaunlicher Qualität sorgen dafür, dass die Songs in jedem Café gespielt werden können, ohne dass sich ein Gast naserümpfend beim Kellner beschwert. Da werden Songs gecovert, die so noch nicht zu hören waren. "Strange Brew" von The Cream wird zu einem fast schon technopop-Stückchen, in dem das Gitarrensolo auf seltsam holprigem Rhythmus ganze Arbeit leistet. Einflüsse von HipHop, dancefloor und Funk greifen weit in die Blues-Songs, um sie in ein neues Klima zu tauchen. Wenn dann noch ein sanftes Keyboard symphonische Momente loseist, worauf sich eine Mark-Knopfler-geprägte Gitarre erhebt, entsteht im Kopf ein ganz großes Fragezeichen: Wollen die alles auf einmal? "Chevrolet", "Cocaine", "Loved Another Woman", "Georgia On My Mind", "Louisiana Blues", "Hoochie Coochie Man", "I Shot The Sheriff", "Wonderful Tonight" - sämtlich nicht wiederzuerkennen. Und das könnte das Markenzeichen der Ungarn werden. Blues in seiner ursprünglichen Form feiert immer wieder gern fröhliche Urständ´, die Tóth Bagi Band setzt darin eigene Akzente. Bleibt zu befürchten, dass es keiner mehr hören will, wenn der ursprüngliche, zeitlose Blues immer noch Hörer hat.
Volkmar Mantei
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